Ein Netzwerk aus porösen Kohlenstoffröhrchen, die dreidimensional auf Nano- und Mikroebene ineinander verwachsen sind – das ist eines der leichtesten Materialen der Welt. Mit 0,2 Milligramm pro Kubikzentimeter ist es 75-mal leichter als Styropor und hält trotzdem eine Menge aus. Getauft haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) ihre gemeinsame Entwicklung auf den Namen „Aerographit“.

Die Eigenschaften

Aerographit ist wasserabweisend, schwärzer als Schwarz (wird zurzeit untersucht) und elektrisch leitfähig.

Es ist pechschwarz, stabil, elektrisch leitfähig, verformbar und undurchsichtig – mit seinen einzigartigen Eigenschaften und seiner geringen Dichte hängt das Kohlenstoffmaterial „Aerographit“ alle Konkurrenten ab. „Unsere Entwicklung löst in Wissenschaftskreisen rege Diskussionen aus. Das Aerographit ist mehr als viermal leichter als der bisherige Weltrekordhalter“, freut sich Ko-Autor Matthias Mecklenburg, Doktorand an der TUHH. Das Nickel-Material, das bis dato als leichtestes Material galt, bestand zwar ebenfalls aus einem winzigen Röhrensystem. Allerdings hat Nickel von vornherein ein höheres Atomgewicht. „Wir können dazu noch Röhren herstellen, die aus porösen Wänden bestehen und dadurch extrem leicht sind“, ergänzt Arnim Schuchardt, Ko-Autor und Doktorand an der CAU. Die atomare Struktur des Materials konnten die Kieler Analytiker Professor Lorenz Kienle und Dr. Andriy Lotnyk am Transmissionselektronenmikroskop (TEM) entschlüsseln.

Trotz des niedrigen Gewichtes ist Aerographit sehr belastbar. Während leichtgewichtige Materialien üblicherweise Druck, aber nicht Zug aushalten können, zeichnet sich das Aerographit durch hervorragende Stabilität bei Druck- und Zugbelastung aus. So lässt es sich um bis zu 95 Prozent komprimieren und wieder in die ursprüngliche Form auseinanderziehen, sagt der Kieler Professor Rainer Adelung: „Dabei wird das Aerographit bis zu einem bestimmten Grad sogar fester und damit stärker als vorher.“ Andere Materialien würden durch derartige Belastungen zunehmend schwächer und instabiler werden. „Außerdem absorbiert das Material fast vollständig Lichtstrahlen. Man könnte sagen, es erzeugt das schwärzeste Schwarz“, ergänzt der Hamburger Professor Karl Schulte.

Die Anwendung

Kleiner Krümel ganz groß: Aerographit kann sehr gut Licht, wie hier das Licht eines Laserpointers, absorbieren.

Dank der besonderen Materialeigenschaften des Aerographits könnte es beispielsweise in Li-Ionen-Batterien ideal angepasst werden. Das heißt, dass nur noch eine minimale Menge Batterieelektrolyt eingesetzt werden müsste, was zu einer wichtigen Gewichtsreduktion bei den Batterien führen soll. Diese Verwendung skizzierten die Autorin und die Autoren bereits in der veröffentlichten Publikation. Einsatzmöglichkeiten für diese kleineren Batterien können Elektroautos oder E-Bikes sein. Damit trägt das Material unter anderem zur Entwicklung umweltfreundlicher Transportmittel bei.
Weitere Anwendungen sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darin, mithilfe des Aerographits nicht leitfähige Kunststoffe elektrisch leitfähig zu machen, ohne dass diese an Gewicht zunehmen. Damit ließen sich statische Aufladungen, die man aus dem Alltag kennt, vermeiden.

 

Text: CAU – Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Fotos: TUHH, CAU, Stefanie Maack