In dieser Ausgabe möchten wir Ihnen die Vorteile von Sport und angepasstem Training darlegen. Lernen Sie Lukas kennen, der durch einen Unfall sein linkes Bein verloren hat sowie Physiotherapeuten Faye. Sie zeigt, wie man anhand von geeigneten Übungen seine Mobilität verbessern kann.

Sport mit Behinderung

Bei vielen Einschränkungen ist Sport möglich und sinnvoll. Eine Trennung von Behindertensport und Breitensport ist dabei nur in den wenigsten Fällen notwendig. Beide Sportlergruppen profitieren voneinander, zusätzlich stärken inklusive Sportvereine den respektvollen Umgang untereinander. Gesonderte Trainingsmaterialien sind in der Regel nicht erforderlich. Meistens genügt einfach eine Regelanpassung, um verschiedenste Sportarten behindertengerecht zu gestalten. Somit erfüllen auch kleine Vereine die Anforderungen, um Sportangebote für Menschen mit Behinderung anzubieten. Die Motivation des Einzelnen ist im Behindertensport letztlich ausschlaggebender als finanzielle Ressourcen.

Bewegung ist das A und O

Bewegung trägt erheblich zu einer gesunden körperlichen, geistigen und psychosozialen Entwicklung bei. Leider werden in unserer modernen Gesellschaft die Bewegungsräume zunehmend eingeschränkt. Fernsehen, Onlinespiele oder Spielekonsolen sowie Computer bestimmen nicht selten den Alltag. Die Zeit, die wir so verbringen, geht damit als Bewegungszeit verloren.

Die Geschichte von Lukas


Steckbrief
Name: Lukas Freye
Alter: 22 Jahre
Beruf: Altenpfleger in Ausbildung
Familienstand: ledig
Hobbys: Freestyle-Mountainbiken, Downhill, Snowboarden, Stand-up-Paddeln, Klettern u. v. a.


Am 25. Juni 2017 auf dem Weg nach Hause hatte ich einen schweren Motorrad-Unfall. Ein Auto übersah mich auf dem linken Fahrstreifen und kollidierte mit mir.

Ich lag dreieinhalb Wochen im Koma und musste rund 27 Operationen über mich ergehen lassen. Der erste Eingriff war eine Notoperation und dauerte zwölf Stunden.
Mein Aufenthalt in der Klinik zog sich über drei Monate hin. Meine Eltern standen dabei vor der Entscheidung, ob mein linkes Bein amputiert werden darf oder ob ich aufgrund mangelnder Durchblutung sterbe. Ich bin letztendlich nach dem Koma ohne Bein wach geworden.

Mit der neuen Situation war ich überfordert. Auf Grund der langen Liegezeiten entwickelte sich die Muskulatur so stark zurück, dass selbst das Hinsetzen auf dem Bett zum Extremsport wurde.

Bereits in der Klinik bekam ich die erste Physiotherapie und aus Neugier schaute ich mir Videos über Menschen mit Amputation an. Meine heutigen Orthopädietechniker kamen in Begleitung mit einem ebenfalls verunfallten Prothesenträger zur Aufklärung in die Klinik. Ich konnte den Herrn mit all meinen offenen Fragen löchern und seine Antworten machten mir Mut.

Kurze Zeit später bekam ich meine erste Prothese und übte bei jeder Gelegenheit das Laufen – zunächst mit Hilfe eines Gehwagens, da ich mich zur anfänglichen Unterstützung dort festhalten konnte. Anschließend stieg ich auf die Axel- und Unterarmgehstützen um.

Nach dem Klinikaufenthalt folgten sechs Wochen Reha. Dort wurde beim Gehtraining festgestellt, dass durch das lange Liegen die Hüftstrecker verkürzt waren, woraufhin ich diesbezüglich behandelt wurde. Nach langer Zeit war ich endlich wieder zu Hause. Ich habe mich direkt auf mein Rad gesetzt und erstaunlicherweise hat es super funktioniert. Schlussendlich konnte ich eher wieder Rad fahren als laufen.

Nach weiteren Rehabilitationsmaßnahmen ging ich am 1. Januar 2018 wieder arbeiten und kehrte in meinen Alltag zurück. So habe ich Freizeitaktivitäten unternommen wie z. B. Klettern, Radfahren, Eislaufen und ich setzte mich sogar wieder auf ein Motorrad.

Vier Fragen von Faye an Lukas

Was hat sich für Dich verändert und wie gehst Du damit um?

Lange Strecken laufen ohne Pause ist anstrengender geworden, jedoch möglich. Sonst hat sich eigentlich nicht viel verändert. Im Sommer fahre ich Freestyle-Mountainbike, Downhill und gehe klettern. Im Winter gehe ich snowboarden und eislaufen.

Ich kann aber sagen, dass ich durch das Handicap sehr viele tolle Menschen kennenlernen durfte – so auch andere Amputierte, die mir neue Sportarten gezeigt haben wie Stand-up-Paddeln oder Para-Eishockey im Schlitten.

Was machst Du, damit Du Deine Sportarten weiterverfolgen kannst? Inwiefern trainierst Du dafür? Welche Hilfsmittel beziehst Du noch und kannst Du einige empfehlen?

Um meine Sportart – das Radfahren – weiterzuverfolgen, benutze ich Klickpedale, was aber nichts Ungewöhnliches ist und auch sehr viele „normale“ Menschen benutzen. Es gibt mir beim Downhill ein Gefühl von Sicherheit, wenn man eine feste Verbindung zwischen Pedal und Fahrrad hat. Beim Freestyle-Mountainbiken sowie beim Snowboarden benutze ich allerdings keine weiteren Hilfsmittel. Durch lange Radtouren arbeite ich regelmäßig an meinen Fertigkeiten sowie an der Koordination.
Letztendlich würde ich die Klickpedale empfehlen, jedoch muss jeder „Handicapsportler“ individuell für sich schauen, was ihm zusagt.

Woher holst Du Deine Motivation und was stärkt Dich?

Mich stärken Menschen, die auch so einen Schicksalsschlag hinter sich haben und weiter Gas geben. Insbesondere ist es für mich ein Ansporn zu zeigen, was trotz Handicap in jungen Jahren alles geht, und ich hoffe, dass ich mit meinem Schicksal Menschen, die ebenfalls betroffen sind, Mut machen kann.

Welche Tipps kannst Du anderen Menschen geben?

Den Kopf nicht hängen lassen, Hilfe annehmen und sein Leben genießen.

Physiotherapeutische Übungen für ein sicheres Radfahren mit Beinprothese

1.) Rumpfstabilität

Setzen Sie sich auf ein Wackelkissen oder eine gefaltete Decke (falls kein Wackelkissen vorhanden ist).
Füße anheben, sodass sie keinen Bodenkontakt haben. Gleichgewicht halten oder als Steigerung einen Ball werfen und auffangen.

Dosierung: 3 Sätze mit einer Dauer von jeweils 1 Min.

2.) Arm-/Schulterstabilität

Stützen Sie sich an der Wand ab (je größer die Distanz zur Wand, desto schwieriger), Kissen/Gymnastikball unter die Hand der zu trainierenden Seite.
Mit der anderen Hand auf die zu trainierende Schulter tippen – dabei Körper stabil halten.

Dosierung: jede Seite 3 Sätze mit 10 Wiederholungen.

3.) Kräftigung des nicht betroffenen Beines

Einbeinige Kniebeugen – aufrechter Stand vor einem stabil stehenden Stuhl. Betroffenes Bein bestmöglich nach vorne strecken. Mit dem Gesäß einmal den Stuhl antippen und wieder aufrichten. Das Bein bleibt während der gesamten Dauer der Ausführung gestreckt.

Dosierung: 3 Sätze mit 10 Wiederholungen.

 

 

 

 

 

Infobox

Name: Faye Martin
Alter: 23 Jahre
Kontakt: faye.froneberg@googlemail.com
Website: my-medicalfitness.com
Qualifikationen:
• Physiotherapeutin
• Personaltrainerin
• Zumba-Instruktorin
• Heilpraktikerin (beschränkt auf das Gebiet Physiotherapie)

 

Ein Beitrag von Kevin Lange und Faye Martin

Quelle Text: Magazin Momo, in-form.de, behinderung.org, ottobock.de, dge.de, Fotos: Kevin Lange, Privat