Thomas H. ist 48, Porscheliebhaber und Ur-Bayer. In Ostbayern geboren und aufgewachsen, hat er die vorherrschende Lebensphilosophie „leben und leben lassen“ tief verinnerlicht. Nach Abschluss seiner Lehre im elterlichen Betrieb absolvierte er mit 21 Jahren die Meisterprüfung im Friseurhandwerk als Jahrgangsbester. Es folgte ein BWL-Studium (Schwerpunkt technische BWL), später der Aufbau einer eigenen Versicherungsagentur.

2003 wird Thomas Organisationsleiter eines mittelständischen Unternehmens. Nur ein Jahr später wird ihm auf dem Motorrad die Vorfahrt genommen und es ereignet sich ein folgenschwerer Unfall. Der Bayer überlebt, ist seitdem jedoch querschnittgelähmt. Seine Lebensfreude verliert Thomas nicht, genießt sein Leben in vollen Zügen – seit einiger Zeit zusammen mit Marylin. Sie ist sein Begleiter, ebenfalls auf vier Rädern unterwegs, aber deutlich älter. Marylin ist ein Porsche 356 Cabrio, Baujahr 1959.

B: Lieber Thomas, vielen Dank, dass du dir die Zeit für unser Interview nimmst. Nach deinem Unfall musstest du dich in vielen Bereichen neu orientieren, so auch in der Auswahl deiner Fahrzeuge. Warum hast du dich für einen Porsche 356 entschieden? Es gibt doch viele Autos, die komfortabler sind?

T: Mein 356er ist nicht mein Daily Driver, dafür habe ich einen Audi S6 V10.
Aber der 356 ist ein Klassiker, der für mich zu den schönsten Automobilen zählt, die jemals gebaut wurden. Bei meinem Fahrzeug (356 B T5 Cabrio) gefällt mir meine Farbkombination besonders gut. Nicht umsonst habe ich es auf den Namen Marilyn getauft.

Wer die Möglichkeit hat, einen 356 im Straßenverkehr zu sehen und dabei die Insassen genauer betrachtet, wird feststellen, dass diese immer einen zufriedenen, entspannten und glücklichen Ausdruck vermitteln. Der 356 ist ein Zauberer, der es schafft, jeden sofort in eine andere Welt zu holen. Wenn ich in meine Marilyn steige, bin ich schon im Urlaub, bevor ich den Hof verlassen habe. Dieses Gefühl schafft Mühlsteine von den Schultern und das ist mehr wert als der Komfort anderer Fahrzeuge.

B: Beim Umbau des Porsche wurde sehr viel auf Details geachtet, wie z.B. das Holz für Handgas etc. Waren das deine Vorgaben, damit das Auto so authentisch wie möglich bleibt?

T: Im Vorfeld des Kaufes hatte ich schon Kontakt zur Firma Paravan. Dabei wollte ich wissen, ob es 1959 bereits Fahrhilfen gab und wie diese aussahen. Außerdem stellte ich die Bedingung, dass die notwendigen Veränderungen wieder rückstandslos beseitigt werden könnten. Es geht um die Erhaltung des historischen Wertes des Fahrzeugs. Dass ich dann am Ende auch ein Auge darauf hatte, dass der Griff der Handbedienung zum Nardi-Lenkrad passt, versteht sich von selbst, wenn man dieses schöne Fahrzeug betrachtet.

B: Der Porsche 356 ist ein Klassiker und nicht nur als Cabrio ein Hingucker. Ein Familienauto ist das ja nicht, hier sehe ich eher das seriöse und solvente Ehepaar Generation Plus, das mit kleinem Gepäck reist. Wo und wie verstaust du deinen Rollstuhl?

T: Das 356er Cabrio ist ein 2+2-Sitzer und bietet im Fahrzeugfond die Möglichkeit, die beiden Rücksitze einzeln umzuklappen. Dadurch entsteht eine Ablage für den Rolli. Die Räder werden dabei hinter die Sitze gepackt. Wenn wir zu dritt unterwegs sind, dann darf der Beifahrer die Rolli-Reifen in den Kofferraum verladen.

B: Warst du nach dem Umbau des Fahrzeugs mit der Umsetzung zufrieden oder gab es im Nachhinein Dinge, die du gern anders gehabt hättest?

T: Der Umbau ist in meinen Augen perfekt, so wie er ist. Wenn es etwas zu ändern gäbe, würde ich es einfach ändern lassen.

B: Wir vom Magazin Barrierefrei hatten in der Vergangenheit mit vielen Rollstuhlfahrern Kontakt, die nicht nur sehr sportlich unterwegs waren, sondern sich auch im Motorsport ausprobiert haben – und das nicht selten sehr erfolgreich, wie z. B. Alessandro Zanardi und Co. Wäre das für dich auch ein Gedanke, mit dem du dich beschäftigen könntest?

T: Vermutlich versucht jeder Mann – und wohl auch einige Frauen –, irgendwann auf Zeitenjagd zu gehen. So hatte auch ich ein paar Tage einen Rundenrekord auf einer Kartbahn bei uns um die Ecke. Aber heute steht das nicht mehr in meinem Fokus.

B: Zu guter Letzt: Was würdest du unseren Lesern mit auf den Weg geben, was ist dein Lebensmotto?

T: Da ich mich in der Verlängerung im Spiel des Lebens befinde, gilt es sich gelegentlich zu hinterfragen. Und deshalb gibt es zwei: „It ain’t over till it’s over“ (Yogi Berra) und „Wer einmal das Außergewöhnliche erfahren hat, kann sich nie wieder an die Normen des Durchschnitts binden“ (Richard Bach).

B: Vielen Dank! Und bleib gesund!
Interview Peter Lange

 

Marylin – Technische Daten & Umbau von Paravan

PORSCHE 356 B 1600 Cabrio

Baujahr: 1959
Motor: 4-Zylinder-Boxermotor (Viertakt) 44 KW/60 PS
Drehmoment: 110 nm
Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h
Getriebe: 4-Gang-Handschaltung
Grundpreis: k.A.

Der Umbau wurde von dem Unternehmen Paravan umgesetzt. „Bei diesem Schmuckstück der Automobilgeschichte mussten die Pedalfunktionen Gas, Bremse und Kupplung technisch auf Handbedienung umgebaut werden, da der Kunde wegen einer Paraplegie seine Beine nicht bewegen kann. Aufgrund des Alters des Fahrzeugs gab es keine Möglichkeit, eine elektronische Lösung zu verbauen.

Daher wurde ein spezielles mechanisches Handgerät entwickelt und eingebaut, über das alle drei Funktionen über Druck- und Drehbewegungen mit der Hand bedient werden können“, erläutert Maurice Möritz, Mobilitätsberater bei Paravan, die Herausforderung. Wird das Handgerät nach vorne gedrückt, bremst das Fahrzeug. Über eine seitliche Drehbewegung am Griff des Handgerätes beschleunigt das Fahrzeug. Wird das Handgerät nach unten gedrückt, wird die Kupplung betätigt. „Zur Bedienung der sekundären Fahrzeugfunktionen Blinker, Scheibenwischer, Fernlicht und Hupe wurde ein elektrischer Multifunktionsknopf am Griff des Handgerätes installiert. Damit der Kunde die Lenkung bequem mit der linken Hand bedienen kann, wurde am Lenkrad ein stilechter Lenkradknauf aus Holz angebracht“, führt der Experte aus. Mehr über Paravan finden Sie auf www.paravan.de